Wohnmobile - und Höfe, wie sind Sie auf die Idee gekommen? Angefangen hat eigentlich alles damit, dass wir mit unseren Kindern überlegt haben: "Wie wollen wir eigentlich Urlaub machen?" Auf Campingplätzen haben wir uns zu der Zeit nicht so richtig wohlgefühlt. Dann haben wir nach Alternativen gesucht und waren in einer Ferienwohnung auf einer Alm in Österreich zusammen mit elf Milchkühen ganz alleine auf dem Berg. So sind wir das erste Mal richtig mit Landwirtschaft in Kontakt gekommen und haben viel gelernt.
Was denn zum Beispiel? Dort haben wir erst verstanden, wie viel Aufwand in einem Glas Milch steckt. Wir haben uns vorher nie bewusst gemacht, wie viel Arbeit, wie viel Liebe und Leidenschaft hinter so einem Produkt stehen. Auf der Alm haben wir über unser bisheriges Konsumverhalten nachgedacht, das war ein Schlüsselerlebnis, von dem wir uns wünschten, dass noch viel mehr Leute diese Möglichkeit haben. Und als Camper haben wir uns dann gefragt, welche Möglichkeiten es für Camping auf dem Bauernhof gibt. Mit den Angeboten waren wir allerdings nicht so zufrieden. Dann haben wir uns vorgenommen, so etwas zu starten. Danach haben wir unser erstes Konzept geschrieben und über Instagram ein paar Höfe angefragt. Es gab ein tolles Feedback und große Begeisterung. Alle haben gesagt: "Macht das! Das ist wichtig, das brauchen wir.“ Und schon am Tag unserer Gründung flatterten die ersten Anmeldungen von Höfen ins Haus. Wir konnten es gar nicht fassen.
Wie genau ist das Konzept? Bei uns funktioniert das so, dass wir Höfe suchen, die Platz für ein Wohnmobil haben und Interesse daran, Menschen einen Einblick in ihre Arbeit zu geben. Wir nehmen Camper als Mitglieder auf. Wir versuchen schon eine richtige Gemeinschaft aus Campern und Landwirtinnen und Landwirten zu bilden. Dafür haben wir ein Onlinetool entwickelt, worüber die Besuche organisiert werden können. Damit zum einen die Camper sehen, wo noch Platz ist, denn es ist schon ein großer Andrang da. So kann man sehen, wo spontan noch etwas frei ist. Und wir vermeiden damit auch die direkten Anfragen bei den Höfen. Das ist ihnen ganz wichtig, denn sie haben gar nicht die Zeit, so viele Anfragen zu bearbeiten. Mit dem Onlinetool kann jeder seinen Besuch zusagen, damit die Karte gleich anzeigt, wo noch etwas frei ist. Die Höfe bekommen nur eine E-Mail, von dem, der auch wirklich kommt. Dadurch ergibt sich auch der Vorteil, dass die Daten geschützt sind und nicht fremde Camper gleich Zugriff haben. Außerdem haben unsere Höfe einen eigenen Belegungskalender, über den sie steuern können, wie viel bei ihnen los sein darf. Sie schalten sich einfach belegt, wenn es mal gar nicht passt – für unsere Camper*innen ist dann klar: Hier muss ich es gar nicht versuchen.
Und den Stellplatz gibt es für ein bisschen Mitarbeit - oder zahlen die Kund*innen eine Standplatzgebühr? Eine Übernachtungsgebühr zu erheben wäre bürokratisch ein zu großer Aufwand für unsere Landwirt*innen: Gewerbeanmeldung, Flächennutzungsänderung, Brandschutzauflagen usw. Wir wollten es möglich unkompliziert für sie halten. Außerdem ist uns die Frage wichtig, was es unseren Camper*innen wert ist, den Hof dabei zu haben. Darum haben wir die Hofkampagnen ins Leben gerufen, bei denen die Höfe eine Sache, bei der sie Unterstützung brauchen, angeben. Zum Beispiel ein neuer Weidezaun. Oder einer unserer Höfe möchte eine Milchkuh vor der Schlachtung bewahren: Mit der Kampagne finanziert er das Gnadenbrot auf dem Hof, das Geld kostet. Mit den Spenden helfen unsere Camper*innen konkret, die Landwirtschaft zu unterstützen. Und wenn dann z.B. der neue Hühnerstall da ist, haben alle mitgeholfen, indem sie gespendet haben. Und wir haben den Eindruck, dass das motivierend ist und die Camper das von Herzen gerne machen. Manche Höfe wollten das anfangs gar nicht. Einige erzählen uns jetzt, dass es unsere Camper*innen waren, die sie überredet haben, doch eine Hofkampagne zu starten. „Macht das doch. Wir möchten so gern was zurückgeben“, sagen sie.
Und die Nachfrage steigt weiter? Auf jeden Fall, wir haben schon eine Warteliste, die wir abarbeiten. Immer wenn ein neuer Hof dazukommt, nehmen wir neue Camper auf. Wir wollen nicht den möglichst großen Profit rausschlagen, sondern achten darauf, dass alles im Verhältnis bleibt. Wir wollen nachhaltig wachsen und das System nicht an seine Grenzen bringen, so wie man das von anderen Konzepten gewohnt ist. Für die neue Saison können wir wieder eine ganze Menge neue Camper*innen aufnehmen. Noch hat man gute Chancen auf einen Platz, wenn man sich auf die Warteliste einträgt.
Spricht sich euer Angebot auch unter den Höfen herum, gibt es da auch einige, die neu dazukommen möchten? Ja, auf alle Fälle. Es melden sich immer mehr Höfe an. Dennoch ist es natürlich schwieriger, Höfe zu gewinnen, als Camper. Einige haben bei anderen Konzepten schon schlechte Erfahrung gemacht. Zum einen sind viele einfach überlastet gewesen von zu vielen Anfragen. Zum anderen haben sich bei anderen Konzepten leider auch viele Camper*innen danebenbenommen: Wenn Camper zum Beispiel ihren Müll hinterlassen haben oder ohne Erlaubnis ins Stall- oder Wohngebäude gegangen sind. Im Gespräch erfahren wir dann, was da so alles schief gegangen ist. Das geht mir oft richtig unter die Haut.
Was macht ihr dann genau in diesen Fällen? Wenn sie hören, was bei unserem Konzept anders ist, sind viele offen, der Sache noch eine zweite Chance zu geben und melden sich bei uns an. Wir haben da vorgesorgt, denn schwarze Schafe gibt es überall: Wir haben die Möglichkeit, die Camper*Innen, die sich nicht zu benehmen wissen, zur Rechenschaft zu ziehen, falls das mal nötig ist. Denn wir können einsehen, wer, wann, wo war und ggf. das Gespräch suchen oder auch mal jemanden ausschließen, wenn nötig. Das ist enorm wichtig, um sicherzustellen, dass Höfe bei uns nicht derart schlechte Erfahrungen machen. Wir bekommen sehr häufig die Rückmeldung, dass „unsere Camper*innen“ sich positiv abheben von anderen – die Verbindlichkeit ist einfach größer. Bei uns machen eher die mit, die die Natur zu schätzen wissen, sich für die Landwirtschaft interessieren und auch bereit sind, sich an Spielregeln zu halten. Das spricht sich jetzt herum und uns erreichen viele Anfragen von Höfen.
Was muss der Bauernhof denn gewährleisten - Strom Wasser, Dusche? Wir nehmen nur völlig autarke Camper auf. Das heißt, die Höfe müssen nichts anbieten, außer ein Fleckchen, wo ein Wohnmobil nicht stört. Das ist uns wichtig, weil das störend für beide Seiten sein kann, wenn man „mitten im Geschehen“ steht. Deshalb möchten wir gerne, dass die Camper einen Platz kriegen, wo sie ein bisschen am Rand sind und auch etwas Privatsphäre haben. Oft sind das richtig abgelegene Plätze – da wäre ein Angebot von Strom, Wasser und Sanitäranlagen gar nicht möglich.
Wie lange ist so die Übernachtungsdauer? Bei uns können die Camper*innen für einen Kurzaufenthalt (1-3 Nächte) auf dem Hof zu Besuch sein.
Geht es nur um Deutschland in Eurer Ausrichtung? Wir haben auch schon ein paar Höfe im Ausland. Wenige bis jetzt - aber auch die haben wir aufgenommen, da wir zeigen wollen, dass regionale Landwirtschaft überall stattfindet. Wir haben einen Hof in Polen, einen in Lettland, ein paar in Österreich und einen in Südtirol. Auch aus Tschechien, Spanien und der Schweiz kamen schon Anfragen. Der Schwerpunkt liegt derzeit noch in Deutschland. Da haben wir aktuell etwa 120 Höfe. Natürlich wünschen wir uns auch weiter zu wachsen und freuen uns über jeden Hof, der dabei ist, aber es geht uns auch wirklich darum, dass wir gesund wachsen. Wir müssen als junges Unternehmen gucken, dass die Dinge funktionieren, dass Beziehungen da sind. Uns ist es wichtig, dass wir die Menschen persönlich kennen, die mit uns zusammenarbeiten. Wir möchten noch ansprechbar sein und mitbekommen, was auf den Höfen passiert. Zum Beispiel haben Camper, die bei einem Hof zu Gast waren, einen Brand verhindert. Weil sie entdeckt haben, dass der Misthaufen sich selbst entzündet hat - die Bauern-Familie war ausnahmsweise nicht da. Der Hof hat uns dann benachrichtigt und mitgeteilt, dass dank unseren Campern der Hof nicht abgebrannt ist. Das sind Momente, die viel wertvoller sind als große Zahlen.
Macht ihr das als Paar hauptberuflich? Nein. Wir haben noch nicht unsere Jobs gekündigt, wir machen das im Moment noch alles nebenbei. Es ist nur so, dass wir beide selbstständig sind und unsere Arbeitszeit recht gut staffeln können, dadurch sind wir jetzt zu Gunsten von Staybetter in manchen Punkten ein bisschen zurückgetreten. Langfristig wäre es natürlich schön, wenn wir das auch finanziell ausgleichen können. Nur so können wir weiter mit so viel Herzblut bei der Sache sein. Das sieht gut aus. Die Zeit, die staybetter erfordert, wird immer mehr und es macht uns riesigen Spaß. Die erste Saison war ein voller Erfolg und wir gehen positiv an die kommende heran. Aber es ist zum Glück nicht so, dass wir schon alles gekündigt haben und schnell groß werden müssen, weil wir unsere Familie davon ernähren müssen. Das erlaubt uns, nachhaltig zu wachsen.
Interview: Vanessa Krieg
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