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"Respekt in jeder Hinsicht"

Die Ökomodell-Region Süd hat zum zweiten Mal einen eintägigen Geflügelschlachtkurs für interessierte Landwirt*innen in Südhessen angeboten. Zehn Teilnehmende konnten am Dienstag (7. Februar) erfolgreich ihre Sachkundeprüfung ablegen. Das Land Hessen hat die Schulungsmaßnahme, die direkt dem Tierwohl dient und regionale Wertschöpfungsketten fördert, anerkannt und aus dem Ökoaktionsplan voll bezuschusst. 

Reichelsheim/Mossautal,07.02.2023. Die Schlachtung der eigenen Tiere gehört für die Landwirt*innen zum täglichen Brot. Ungebremst hoch ist dabei die Nachfrage nach dem Erlernen der Tierschlachtung am eigenen Hof und von eigener Hand. Lebendtiertransporte zu reduzieren und Verantwortung bis zum Ende zu übernehmen, das können Landwirt*innen mit der notwendigen Sachkunde.

Schulung in Theorie und Praxis

Um diesen Bedarf zu decken, hat die Ökomodell-Region Süd auch in diesem Jahr einen Kurs abgehalten. Mit dem bsi Schwarzenbek war erneut ein etabliertes  Beratungs- und Schulungsinstitut für Tierschutz bei Transport und Schlachtung als Partner dabei. Tierarzt Dr. Winfried Dyrba bereitete die zehn Teilnehmenden bis zum frühen Nachmittag auf ihre theoretische Sachkundeprüfung vor.

Praktische Prüfung unter Extrembedingungen

Unter Vorsitz des Odenwälder Veterinärs Arnd zur Megede ging es durch die mündliche Prüfung und vor dort aus direkt ins zehn Kilometer entfernte Mossautal. Auf dem Hof am Mühlgrund von Biolandwirt Alexander Kern wurde die Praxisprüfung in dessen mobiler Geflügelschlachteinheit durchgeführt. Alle Kursteilnehmer mussten jeweils drei Hühner mit den am Vormittag gelehrten Methoden selbst betäuben und schlachten. Bei eiskalten Temperaturen im Minusbereich kein leichtes Unterfangen.

Erfolgreiche Teilnehmer mit Wissen um Tierwohl ausgestattet

Und doch: Alle Teilnehmer kamen erfolgreich durch die Prüfung. Sie sind nun mit einem Wissen um sanfte Schlachtmethoden ausgestattet, die auch jedem Laien beim Zuschauen den Schrecken nehmen. Landwirt*innen, die mit dem Sachkundenachweis ausgestattet sind, dürfen auch von anderen Kolleg*innen mit der Schlachtung von Geflügel beauftragt werden. Wichtig ist hierbei, dass eine EU-zugelassene Schlachtstätte vorhanden ist. Laut Tierschutz-Schlachtverordnung beinhaltet der Sachkundenachweis die Handhabung, das Ruhigstellen, Betäuben und Töten der Tiere.

Betäubung ist das A und O

Insbesondere die Betäubung ist ein wichtiger Punkt in der Verordnung. Unnötige Qualen zu vermeiden und dafür das nötige Rüstzeug mitzugeben, darauf legten Lehrer und Prüfer großen Wert. „Wenn ein Patient im OP vorzeitig aus der Narkose erwacht und Sie sind als Operateur noch nicht fertig, sagen Sie ja auch nicht: ‚Ach, die letzten fünf Minuten hält der auch noch aus!‘“ Solcher Art nannte Dr. Dyrba einige Beispiele, die nicht nur die Bedeutung des Betäubens hervorheben, sondern sich auch in den Köpfen verankern sollen.

Mit Respekt töten schafft auch Respekt

Dass erneut zehn Menschen, darunter überwiegend junge Leute, mit einem solchen Wissen und Bewusstsein in ihre Betriebe zurückkehren, freut die Verantwortlichen der Ökomodell-Region Süd. „Wir stellen fest, dass es ein großes Bedürfnis gibt, den schonenden Umgang mit Schlachttieren zu erlernen. Die Teilnahme junger Menschen am Kurs stimmt positiv auf die Zukunft in der Tierhaltung,“ sagen die Veranstalterinnen Sylvia Barrero-Stadler und Alexandra Hilzinger von der Ökomodell-Region Süd. Sie haben die Prüflinge einen ganzen langen Tag begleitet. „Wir können nur den Hut ziehen vor den Teilnehmern, die sehr zupackend und mit Ruhe und Gelassenheit den Schlachtvorgang so schonend wie möglich durchgeführt haben.“

Erste Erfolge sind bereits sichtbar
Bereits im Vorjahr haben alle neun Teilnehmer erfolgreich den Kurs absolviert und ihre Sachkunde von den jeweils zuständigen Veterinärämtern ausgestellt bekommen. Während einige Teilnehmer noch erörtern, wie sie sich die Sachkunde im eigenen Betrieb zu Nutze machen können, kam die Sachkunde von anderen bereits zum Einsatz. Ein Teilnehmer schlachtet zum Beispiel seither regelmäßig Puten, Gänse und Hähnchen im Familienbetrieb seines Onkels. Bei einem weiteren Betrieb kommt mittlerweile das Geflügelschlachtmobil von Alexander Kern zum Einsatz. Alle Teilnehmer sind sich jedoch einig, dass der Kurs sehr gut und hilfreich für sie war.