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„Stressarme Schlachtung fürs Tierwohl, die Klimabilanz und Regionalität“

Verbraucher*innen legen beim Kauf von Fleischprodukten immer mehr Wert auf Regionalität, Tierwohl und eine positive Klimabilanz. Eine Möglichkeit, diese Anforderungen zu erfüllen, sind stressarme Schlachtverfahren. Am bekanntesten ist der Weideschuss, doch auch die teil- oder vollmobile Schlachtung nimmt Fahrt auf. Grund hierfür ist, dass nicht jeder Landwirtschaftsbetrieb die Voraussetzungen für den Weideschuss erfüllen kann. Denn während der Weideschuss nur auf Betrieben mit ganzjähriger Weidehaltung erlaubt ist, kann die Schlachtung im Herkunftsbetrieb per Bolzenschuss nun auch in Betrieben mit saisonaler Weidehaltung und Stallhaltung durchgeführt werden.

 

 

Hofgut Oberfeld, den 16.03.2022. Um über diese alternative Möglichkeit der teilmobilen Schlachtung im Haltungsbetrieb zu informieren, haben sich die Ökomodell-Regionen Süd und Rhein-Main zusammengeschlossen. Zu einer Informationsveranstaltung für Praktiker*innen aus der Landwirtschaft und dem Metzgerhandwerk hatten die beiden Projektmanager*innen Sylvia Barrero-Stadler (Ökomodell-Region Süd) und Matthias Bathon (Ökomodell-Region Rhein-Main) eingeladen. Gastgeberin war Katrin Goebel und Veranstaltungsort war das Hofgut Oberfeld in Darmstadt, ein biozertifizierter landwirtschaftlicher Betrieb mit Leuchtturmwirkung in der Region.

Praktische Vorführung von Systemen

Ziel der Veranstaltung war es, teilmobile Schlachteinheiten vorzustellen und damit ganz praktisch über das Verfahren zu informieren. Dies ist im Rahmen der Veranstaltung gelungen, da zwei teilmobile Schlachtanhänger zu Demonstrationszwecken organisiert werden konnten. Lea Trampenau vom ISS (www.innovative-schlachtsysteme.de) aus Lüneburg war ans Oberfeld gekommen, um ein Mobil aus ihrer Produktion vorzustellen. Zudem ist sie beratend auf alle Fragen rund um die teilmobile Schlachtung eingegangen. Einen zweiten teilmobilen Schlachtanhänger aus dem Eigenbau zeigte Flavio Traxl (Bio Rind & Fleisch GmbH aus Gusterath). Dieser ist bereits an die neuen Möglichkeiten aus den veränderten EU-Vorgaben angepasst und ermöglicht die Schlachtung von drei Rindern pro Schlachtdurchgang.

EU erleichtert Einführung stressfreier Schlachtsysteme

Beide -  Lea Trampenau und Flavio Traxl – konnten fundiert und sicher alle Fragen rund um die neuen EU-Vorgaben beantworten. Das Gute: Seit letztem Sommer gibt es eine neue EU-Verordnung, mit der die Umsetzung dieses Verfahrens erleichtert wird. Auch das Regierungspräsidium Gießen will die Teilmobile Schlachtung in Hessen fördern und unterstützen, da hier die Vorteile klar auf der Hand liegen.

Regionale Verarbeitungsmöglichkeiten als Flaschenhals

Die Zahl der rund 25 Praktiker*innen, die zur Veranstaltung gekommen waren, zeigt eindeutig, wie viel Interesse an der Thematik besteht. Bereits im Vorfeld hatten einige der Landwirt*innen bei den Ökomodell-Regionen angeklopft, um sich über Möglichkeiten der teilmobilen Schlachtung zu informieren. „Jetzt, wo die gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen, ist dieses Verfahren zu einer echten Alternative für viele Betriebe geworden“, sagt Sylvia Barrero-Stadler, die beim Odenwaldkreis für die Ökomodell-Region Süd angestellt ist. Ihr Kollege Matthias Bathon, der im Hochtaunuskreis die Ökomodell-Region Rhein-Main koordiniert, sieht noch einen Flaschenhals bei der Einführung des stressarmen Schlachtsystems: „Die Gespräche während der Veranstaltung haben gezeigt, dass es nach wie vor an regionalen Verarbeitungsmöglichkeiten mangelt.“ Die bestehenden Metzgereien seien zum Teil bereits für das komplette Jahr ausgebucht. „Hier braucht es dringend einen Fachkräftenachwuchs“, sagt Bathon.

Umsetzung in Südhessen ist Ziel

Während bei dieser Veranstaltung die Umsetzung in der Praxis auf den landwirtschaftlichen Betrieben ganz klar im Vordergrund stand, soll es künftig um die generelle Umsetzung des Konzepts in den jeweiligen Regionen gehen. Bei den nun geplanten Folgeveranstaltungen soll auch geklärt werden, ob es für die geplante Umsetzung der teil- und vollmobilen Schlachtung in den benachbarten Ökomodell-Regionen Kooperationsmöglichkeiten gibt und welche Lösungen in Bezug auf die fehlenden Verarbeitungskapazitäten gefunden werden können. Die Vorteile der teilmobilen Schlachtung sind ein ethischer Mehrwert durch gesteigertes Tierwohl, weniger Stress für Mensch und Tier sowie Synergieeffekte bei Landwirt*innen, Metzger*innen und Verarbeiter*innen durch eine sehr enge Zusammenarbeit. Eine Produktionssteigerung und bessere Auslastung regionaler EU-zugelassener Zerlege- und Verarbeitungsbetriebe ist ebenso vorteilhaft wie die gesteigerte Transparenz. Denn die Wertschöpfung bleibt in einer Hand, wodurch eine bessere Prozessqualität entsteht und letztlich ein gesteigerter Wert für die Direktvermarktung durch die besondere Fleischqualität. Überdies können sich zusätzlich neue Vermarktungsmöglichkeiten für regional erzeugte und nach höchsten Standards gehaltene und geschlachtete Tiere entfalten. Ein Gewinn auf ganzer Linie für eine Region, die einen großen Absatzmarkt aufweist.