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Wie Ökolandbau und Grundwasserschutz zusammengehen

Landwirtschaft braucht sauberes Wasser. Jedoch trägt sie auch in Hessen dazu bei, dass das Grundwasser mit Nitrat und Pflanzenschutzmittel belastet wird. In der Ökomodellregion Süd gibt es darum eine Projektgruppe, die zu dem Konfliktfeld arbeitet

Von Martin Hartmann

Landwirtschaft ist auf sauberes Wasser angewiesen. Gefährliche Schadstoffe im Grundwasser haben aber zu Problemen geführt: Ende 2018 berichtete die Frankfurt Rundschau über einen Biobauer aus Südhessen, der seinen Spinat mit Grundwasser aus dem Ried bewässerte. Im Wasser wurde das Pflanzenschutzmittel Dikegulac nachgewiesen, das dadurch auch das Gemüse belastete. Der Biobauer konnte seinen Spinat nicht mehr verkaufen. Und das, obwohl Dikegulac bereits seit dem Jahr 1999 nicht mehr im Hessischen Ried eingesetzt wird.

Landwirt*innen tragen jedoch auch selbst zur Belastung des Grundwassers bei. Um es effektiver zu schützen, informiert die Projektgruppe „Grundwasser und Landwirtschaft“ über die Vorteile der ökologischen Landwirtschaft. Der Projektgruppensprecher Thomas Goebel vom Hofgut Oberfeld sieht für die Zukunft vor allem drei große Problemfelder: Die Nitratbelastung durch Dünger, die Grundwasserbelastung durch Pflanzenschutzmittel und die Verfügbarkeit von Wasser, die der Klimawandel schmälert.

Die Projektgruppe veranstaltet Seminare um Landwirt*innen über diese Problemfelder aufzuklären. Für das Thema Grundwasser bieten sich allerdings auch sogenannte Feldtage an. Wie der Name schon sagt, geht es dann auf die Felder hinaus, wo mit Bodenproben im Detail auf Wurzeln, Bodennässe und Fruchtbarkeit geschaut wird. Durch sogenannte Spatendiagnosen werden dann auch tiefere Bodenprofile begutachtet.

 

Hessisches Ried kämpft mit Grundwasserbelastung

In der Coronavirus-Pandemie muss die Projektgruppe auf digitale Veranstaltungen zurückgreifen. Eine davon war das digitale Fachforum am 16. November 2020 über die Herausforderungen des Grundwasserschutzes. Dort sprach Dr. Astrid Bischof vom Hessischen Umweltministerium über den Zustand der Wasserqualität in Südhessen.

Mehr als die Hälfte der Fläche in der Ökomodellregion befindet sich demnach in einem schlechten chemischen Zustand. Das heißt, dass Grenzwerte bei Nitrat, Pflanzenschutzmitteln, Ammonium, Sulfat oder Phosphaten überschritten wurden. Ein großer Teil dieser Belastungen geht auf die Landwirtschaft zurück. Schließlich wird mehr als die Hälfte der Fläche Hessens landwirtschaftlich genutzt.

Um diese Entwicklung im Auge zu behalten, wird die Grundwasserqualität in Hessen mit mehr als 4000 Messstellen überwacht. Das Hessische Ried ist dabei auch wegen seiner geologischen Merkmale gefährdet - die Gewässer fließen hier nur langsam und ihr Boden ist sandig. Mit Schadstoffen belastetes Wasser kann dadurch leichter ins Grundwasser geraten. Gleichzeitig werden Pflanzenschutzmittel dort nur langsam abgebaut. Mittel wie Dikegulac stellen darum auch jetzt noch ein Problem da, obwohl sie längst nicht mehr zugelassen sind.

Bei der Nitratbelastung gibt es jedoch auch gute Nachrichten. Zwischen den Jahren 2009-2016 konnte an vielen Hotspots ein fallender Trend nachgewiesen werden. Dies gelingt unter anderem dadurch, dass Landwirt*innen gezielt über Dünger, Erosionen und über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln beraten werden. Eine Verschärfung des nationalen Düngerechts im Jahr 2019 führte außerdem dazu, dass 20 Prozent weniger Dünger verwendet werden darf und längere Pausen zwischen den Düngungen eingelegt werden müssen. Von dem Fokus der Landesregierung auf die Ökomodellregionen und den Ökolandbau werden sich ebenfalls positive Effekte auf die Grundwasserqualität erhofft.

Öko-Landwirtschaft schränkt sich selbst ein

Auf dem Hofgut Oberfeld setzt Thomas Goebel auf Zwischenfrüchte, die auch als Gründüngung dienen können. Dabei werden auf den Feldern gezielt Pflanzen angebaut, um die Bodenqualität zu verbessern. Im Gegensatz zur chemischen Düngung wird hier weniger Nitrat freigesetzt, das ins Grundwasser sickern kann. Auf der anderen Seite ist die Grün-Düngung weniger profitabel.

Prof. Dr. Jürgen Heß von der Universität Kassel ist davon überzeugt, dass zwischen Ökolandbau und Grundwasserschutz eine „Win-Win-Situation“ besteht. In einer Metastudie hat er überprüft, wie Ökolandbau und konventionelle Landwirtschaft in den vergangenen 30 Jahren verglichen wurden. Sein Ergebnis zeigt deutlich: Die Wasserqualität profitiert automatisch von der ökologischen Landwirtschaft, weil sie sich deutlich mehr Restriktionen setzt. Somit muss bei Fruchtfolge, Düngung, Saatgut und Tierhaltung deutlich stärker auf bestehende Synergien gesetzt werden, anstatt schnell wirksame Mittel zu verwenden.

Konkret wird auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verzichtet. Zusätzlich werden Nitratausträge verhindert und weniger Antibiotika eingesetzt. Eine Belastung des Grundwassers durch den Ökolandbau ist dadurch unwahrscheinlich. Auch Infrastruktur, die Beratung und Kontrolle der Landwirte sichert, ist im Falle der ökologischen Landwirtschaft bereits etabliert.

Das Wassgergut Carnitz in Sachsen ist ein Praxisbeispiel dafür, wie Ökolandbau und Grundwasserschutz zusammenarbeiten können. Nachdem der Nitratgehalt dort schnell in die Höhe schoss, dauert es jetzt lange, ihn wieder herunterzufahren. Indem zur richtigen Zeit, die richtigen Nutzpflanzen angebaut werden, können jedoch Erfolge erzielt werden. Indem das Grundwasser jetzt geschützt wird, müssen in der Zukunft keine teuren Aufbereitungsanlagen angeschafft werden.

 

Ökolandbau ist geboten, um das Trinkwasser zu schützen

Auf dem digitalen Fachforum warnte Arnd Allendorf vom Wasserversorger Hessenwasser vor der Gefährdung des Trinkwassers. Die Ökomodellregion Süd trägt hierbei eine große Verantwortung für ganz Hessen. Mithilfe des Grundwassers aus dem Hessischen Ried werden Städte wie Frankfurt, Darmstadt und Wiesbaden mit Trinkwasser versorgt.

Neben der Landwirtschaft sorgen auch Autobahnen, Industriegebiete und Kläranlagen für Grundwasserbelastungen in der Region. Die Wasserversorger*innen reagieren dann, indem Brunnen entweder geschlossen oder neue, tiefere Brunnen gegraben werden. Beide Maßnahmen haben jedoch Nachteile. So können es sich die Versorger*innen in Trockenzeiten nicht leisten, viele Brunnen zu schließen. Auch durch die tieferen Brunnen wird nur Zeit gewonnen, da das Nitrat ebenfalls tiefer sickert.

Insgesamt bestehe „dringender Handlungsbedarf“ die Grundwasserqualität zu verbessern. Dabei müssen auch vorsorgende Schritte umgesetzt werden. Eine davon ist für Arnd Allendorf von Hessenwasser die Umstellung zum Ökolandbau. Dadurch sei es möglich, flächendeckend für gute Qualität zu sorgen und Kosten für die Wasserwirtschaft zu reduzieren. Die Förderung der ökologischen Landwirtschaft sei nicht nur „gesellschaftlich gerechtfertigt“ sondern „aus Gewässerschutzsicht geboten“.