„Die ökosozialen Leistungen sind unermesslich“
„Die ökosozialen Leistungen sind unermesslich“
Eine landwirtschaftliche Kooperation kleiner Betriebe im Odenwald zeigt auf wunderbare Art, wie Vielfalt und Biodiversität durch gemeinsames Wirtschaften gefördert werden. Rinder weiden auf Steilhängen, an denen Streuobst gedeiht. Bestäubt wird es durch Bienenvölker, die hier eine Heimat gefunden haben und Bio-Honig herstellen. Gekeltert und weiterverarbeitet wird das Obst in Bio-Qualität. Es sind drei Familien, die im Kreislauf der Natur nachhaltig miteinander wirtschaften.
Beerfurth, den 31.05.2021. Es fing vor fünf Jahren damit an, dass die Kelterei Meyer aus Brensbach einen Imker suchte. Die Streuobstwiesen brauchen die Bestäubung und Familie Meyer suchte die Zusammenarbeit mit Jürgen Helebrant. Er ist Imker aus Ueberau, erzeugt und vermarktet im Anbauverband Bioland Honig aus der Region und betreut inzwischen eine beachtliche Zahl an Völkern. Schnell machte sich die Bestäubungsleistung seiner Bienen bemerkbar – sowohl bei der Obsternte, als auch bei der Honigproduktion selbst gingen die Erträge messbar hoch.
Wirtschaften im Kreislauf als positiver Effekt
Dieser Win-Win-Gemeinschaft schloss sich in diesem Jahr Familie Porcher an. Die Porchers, Carla und Schimon, sind im ersten Jahr ihrer Umstellung auf Demeter, halten neben Dexter-Rindern noch Milchschafe. Für die Rinder sind die Streuobstwiesen und kräuterreichen Steilhänge ein Paradies. „Das Gras unter unseren Obstbäumen findet sonst keine Verwendung. Eine Mahd ist auf unseren Wiesen und Hängen schwer, Geräte kommen hier schlecht rein“, beschreibt Sebastian Meyer den Vorteil der natürlichen Beweidung. „Jeder hat was davon“, ergänzt Carla Porcher. Für sie ist das Wirtschaften im Kreislauf der positive Effekt schlechthin, Wachstum und Erträge stehen dabei nicht im Vordergrund. „Wir sind bestrebt, organisch zu wachsen. Das bedeutet, mit der verfügbaren Fläche und dem Bedarf der Tiere im Einklang.“
Alle leisten gemeinsamen Beitrag zur Landschaftspflege
Wachstum um jeden Preis sei nicht das Ziel der Kooperation, ergänzt auch Imker Helebrant. „Hier entsteht einfach etwas Tolles, das mit Geld gar nicht zu bemessen ist. Und das Schöne: Die Menschen sehen es!“ Tatsächlich sorgt das Idyll rund um die Streuobstwiesen der Familie Meyer für Verzückung bei Ortsansässigen und Spaziergängern. Die Landschaft ist geprägt von Kräutern und Blumen, dazwischen grasen Tiere und immer mal wieder sieht man die drei Familien in Partnerschaft werkeln, sieht sie Schutzzäune um die Jungbäume anlegen, die Rinder in die nächste Parzelle leiten, die Bienen versorgen. Kurz: Sie kümmern sich alle, einer hilft dem anderen. „Eine ökosoziale Partnerschaft, deren Leistung für Natur und Umwelt unermesslich ist“, beschreibt Helebrant das Projekt, das zweifelsohne einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Landschaftspflege und Entwicklung leistet.
Zukunftspläne für die gemeinsame Bio-Vermarktung
Und Pläne für die Zukunft? „Ja, die gibt es.“ Einen Verkaufsautomaten hat die Familie Meyer bereits seit Mai dieses Jahres im Außenbereich ihres Hofes aufgestellt. Er trägt den passenden Namen „Streuobstwiesenautomat“ und ist schon jetzt, nach wenigen Wochen, ihr „Mitarbeiter des Jahres“, wie Meyer schmunzelnd erzählt. „Der Automat sowie der Hofladen geben uns die Möglichkeit, unsere Produkte regional zu vermarkten. Zusätzlich bieten wir auch den Versand unserer Produkte über den Onlineshop an.“ Im Automaten steht bereits der Honig von Imker Helebrant neben gut gekühltem Apfelwein, Säften und Spezialitäten von den Streuobstwiesen. Und das Fleisch von Familie Porcher? „Wegen der ausgezeichneten Qualität unseres Rindfleischs haben wir momentan eine große Nachfrage. Wir versuchen aber immer neue Kunden aufzunehmen. Da wir momentan noch auf der Suche nach einer geeigneten Hofstelle sind, ergeben sich hier vielleicht in Zukunft weitere Kooperationsmöglichkeiten“, schildert Carla Porcher.
Erzeugnisse sollen ihre Geschichte erzählen
Vermarktung bedeutet für die drei Familien, ein Bewusstsein für die Qualität und die Arbeit der erzeugten Lebensmittel bei den Verbrauchern zu erreichen. Durch den Dialog mit ihren Kunden gewinnen sie Treue und Vertrauen, ihre Produkte erzählen Geschichten. Nämlich, dass die Arbeit der drei Familien Anerkennung wert ist, dass es sich lohnt, für diesen Umwelterhalt einen fairen Preis zu zahlen. Dass es sich lohnt, die Erzeugnisse direkt vor Ort einzukaufen, ohne Zwischenstation.